Legendär. Gelebte Tradition in der Christkindlstadt – ein Einblick von Daniela Limberger
Welche Faszination das Steyrer Kripperl auf seine Besucher ausübt, kann uns Spieler Jakob Rossacher aus erster Hand berichten. Als kleiner Bub besuchte Jakob so viele Male das Kripperl, dass er alle Texte auswendig mitsprechen konnte. „Ich habe meine Eltern jedes Wochenende so lange bearbeitet, bis ich wieder hingehen durfte“, so Jakob, der seit 33 Jahren zur Gruppe der Spieler gehört.
Doppelt so lange wie Jakob, nämlich genau seit 66 Jahren, ist Spielleiter Gerhard Nezbeda mit Begeisterung dabei. Besetzt werden die Rollen von insgesamt 21 Volontären, die sich ehrenamtlich bis zu 70 Stunden in einer Spielsaison Zeit nehmen, um den mehr als 450 Figuren im Stabpuppentheater Leben einzuhauchen.
Meist sind es Angehörige oder Bekannte, die zur Truppe dazustoßen, verlassen wird sie kaum. Gerade mal 8 Jahre ist Adrian, der aktuell jüngste Spieler. Derzeit würde man ausschließlich Rollen nachbesetzen, die für Herren im Pensionsalter geeignet wären, sonst sei man gut aufgestellt für die kommenden Saisonen.
Die Spielerinnen Gerda, Evelyn und Tina erzählen mir, dass man im ersten Jahr nur als Zuhörerin den Aufführungen beiwohnen würde, um die Texte zu erlernen. Sukzessive bekomme man dann ein paar kleinere Rollen, um Texte und Bewegungen der einzelnen Figuren zu erlernen oder man darf den Vorhang öffnen und schließen. Im Lauf der Jahre würden dann aber die meisten Spieler fast alle Rollen beherrschen. Geprobt wird nicht – die Spieler wissen ohnehin, was sie zu tun haben.
Im „Backstage-Bereich“ des Kripperls verstehe ich, warum das Team so gut eingespielt sein muss. Die vielen Türchen und Knöpfchen, die zur richtigen Zeit geöffnet beziehungsweise gedrückt werden müssen, beeindrucken mich sehr. Richtig eng ist es hier und so wundert es mich nicht, dass man sich da hinten auch ab und an mal den Kopf anstößt. Besonders gut gefallen mir die alten Schummelzettel, auf denen man mitunter nicht besonders gängige Ausdrücke wie „Doaschalbeck“ oder „verdrahte Wuchtel“ lesen kann.
Nicht nur Kinderaugen leuchten beim Anblick der bunten Puppen und der bezaubernden Kulisse: Manch ein Besucher hat sich schon ein Kind ausgeliehen, um einen Vorwand zu haben, das Kripperl zu besuchen. Aber freilich sind die Vorstellungen für Jung und Alt gleichermaßen kurzweilig und ansprechend. Selbst Gäste aus dem Ausland, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind – geschweige denn der umgangssprachlichen Ausdrücke, die im Kripperl verwendet werden und bei denen sich mitunter selbst Einheimische anstrengen müssen, um sie zu verstehen – haben Freude an den Darbietungen.
Als letztes noch bespieltes Stabpuppentheater im deutschsprachigen Raum wurde das Steyrer Kripperl im Vorjahr dann zum „Immateriellen Kulturerbe“ der UNESCO ernannt. Zeitgleich mit der Auszeichnung wurde aber auch der Innerberger Stadel saniert und so spielte man im Vorjahr quasi mitten in einer Baustelle. Das Publikum reagierte verständnisvoll und manch einer fand anerkennende Worte für die Spieler, die sich dieser Herausforderung stellten. Heuer erstrahlt der Stadel in neuem Glanz und die Gruppe freut sich auf die kommende Spielsaison.
Infos und Spielplan:
Steyrer Kripperl